Der Wandel der Gesellschaft in eine nachhaltige Zukunft ist aufgrund der vielseitigen Einflüsse, Wechselwirkungen und Pfadmöglichkeiten sehr komplex und somit schwer zu erfassen, vorherzusagen oder zu steuern. Die Methode der Systemdynamik-(SD)-Modellierung eignet sich dazu das Verhalten von dynamischen, komplexen Systemen zu analysieren, indem es die Systemstruktur beleuchtet, die das Systemverhalten auslöst. Beispiele für solche Systeme sind die Umsetzung von Klimaanpassungs- und Klimaschutzmaßnahmen, die Dynamik der Covid-19 Pandemie oder die Entwicklung hin zu einer nachhaltigen Gesellschaft. Die qualitative Systemdynamik versucht durch gemeinsame Prozesse wie Gruppenmodellierungen („Group Model Building“) die Wirkungszusammenhänge sowie vorherrschende Paradigmen und Strukturen eines Systems zu analysieren (1). Dabei wird das Systemwissen von Akteuren verschiedener Disziplinen in einem Wirkungs- bzw. Kausaldiagramm zusammengefasst um ein möglichst ganzheitliches Verständnis zu erlangen. In diesen Diagrammen werden die Wechselwirkungen von Einflussfaktorendurch Verbindungen (Pfeile mit Polaritäten) dargestellt, welche in verstärkenden und ausgleichenden Rückkopplungen zum nicht linearen, komplexen Verhalten des Systems führen. Die quantitative Systemdynamik hat den Anspruch die Auswirkungen dieser Systemzusammenhänge und Vielschichtigkeit von dynamischen Prozessen über Simulationen zeitlich aufzulösen. Dabei wird in Szenarien analysiert, welche gesellschaftlichen Faktoren und Politikinstrumente einen Einfluss auf die Dynamik des Systems haben und wie sich dieses im positiven Sinne beeinflussen lässt (2). Dies ist in Abbildung 1 veranschaulicht.
Abbildung 1: Systemdynamikmodellierungen teilen sich in zwei Bereiche, dem qualitativen Part, der versucht die Struktur des betrachteten Systems über die Einbindung der mentalen Modelle bzw. Systemverständnisse einzelner Akteure in einem Wirkungsdiagramm zu erfassen, sowie dem quantitativen Part, der das Ziel hat über Simulationen Hebel und Dynamiken des Systems genauer zu analysieren und z.B. die Wirksamkeit von Politikinstrumenten zu prüfen. Dabei ist das Simulationsmodell immer eine Vereinfachung des mentalen Modells (vorhandenen Systemverständnis) und dieses wiederum des betrachteten komplexen Systems.
Übergeordnetes Ziel des Projektes war es die Methoden der SD-Modellierungen als inter- und transdisziplinäre Methode für die zukünftige Anwendung am Institut zu explorieren, um komplexe Systeme und dynamische Prozesse der nachhaltigen Entwicklung besser zu verstehen. Ein solches Verständnis von komplexen Vorgängen verschiedener räumlicher Skalenebenen ist auch als Grundlage für ein Gelingen der Nachhaltigkeitstransformation sozio-ökologisch-technischer Systeme von zentraler Bedeutung. Im einjährigen Projekt SYSDYM wurden dabei über ein Screening der Literatur sowohl die Möglichkeiten als auch Grenzen der SD-Modellierung für die Forschungsfragen des IÖR zusammengetragen. Kern des Projektes war es auch erste Anwendungen der qualitativen und quantitativen SD-Modellierung für die Verwendung am IÖR zu testen.
Inwieweit können SD-Modellierungen ein ganzheitliches Systemverständnis komplexer und dynamischer Prozesse von Nachhaltigkeitsentwicklungen abbilden?
Ist die gemeinsame Generierung von Wirkungs- bzw. Kausaldiagrammen mit verschiedenen Akteuren in der Praxis zielführend um ein gemeinsames Verständnis von Umsetzungshemmnissen, neuen Einsichten und entsprechende Lösungsansätze zu entwickeln? Wenn ja, wie hoch ist der Aufwand?
Kann SD-Modellierung die interdisziplinäre Zusammenarbeit und das gegenseitige Verständnis verschiedener Forschungsdisziplinen am IÖR bezüglich der Nachhaltig-keitstransformation unter Nutzung qualitativer und quantitativer SD-Ansätze stärken?
Welche Skalenebenen der Raumentwicklung lassen sich durch SD-Modellierung adressieren?
Empfohlene Literatur zum Einlesen in die Grundlagen von System Dynamics (Systemdynamik) und Systemdenken (System Thinking)
Quellen:
((1) Doylea, J.K., Ford, D.N.: Mental models concepts for system dynamics research, System Dynamics Review 14, 3-29, 1998
(2) Honti, G., Dörgő, G., Abonyi, J.: Review and structural analysis of system dynamics models in sustainability science, Journal of Cleaner Production, Volume 240, 2019
(3) Schünemann, C.; Sidorova, A.; Gkini, C.; Kopainsky, B.: Using system dynamics modelling to analyse the interplay of policies and societal motivation for promoting energetic renovation. In: Proceedings of the 2021 System Dynamics Conference, Virtually Chicago, USA, July 26-30 2021. System Dynamic Society, 1-30, 2021.
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