Hintergrund
Der Klimawandel ist eine der großen Herausforderungen des 21. Jahrhunderts. Betroffen sein kann eine Reihe von gesellschaftlichen Handlungsfeldern, die durch vielfältige Wechselwirkungen miteinander verbunden sind. In Anbetracht dieser Vielschichtigkeit stellen die Abschätzung der möglichen Folgen des Klimawandels und die Anpassung eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe dar. Dabei sind planerische, technische, finanzielle, soziale und ökologische Belange zu berücksichtigen. Dem Umwelt- und Planungsrecht, das für viele Politikbereiche einen Rahmen setzt, kommt hierbei eine wichtige Rolle zu.
Durch die Vielzahl der berührten Politikfelder konnte trotz der bisherigen Aktivitäten auf europäischer und nationaler Ebene eine umfassende Berücksichtigung der Anpassung an den Klimawandel (sogenanntes "climate mainstreaming") noch nicht erreicht werden. Im Zuge der am 16. April 2013 verabschiedeten EU-Strategie zur Anpassung an den Klimawandel hat die Kommission eine Anzahl von Leitfäden und Aktionsprogrammen veröffentlicht, die den Mitgliedstaaten bei der Berücksichtigung der konkreten Anpassung helfen sollen. Auch in Deutschland finden vermehrt "climate mainstreaming"-Aktivitäten statt. So besteht ein wichtiger Teil der bereits im Jahr 2008 von der Bundesregierung beschlossenen "Deutschen Anpassungsstrategie an den Klimawandel" (DAS) darin, die möglichen Klimaveränderungen mit ihren Auswirkungen in alle langfristigen Planungen einzubeziehen. Der im Jahr 2011 verabschiedete "Aktionsplan Anpassung der Deutschen Anpassungsstrategie an den Klimawandel" (APA) hat diese Bestrebungen verstärkt durch das Ziel, die Berücksichtigung von möglichen Folgen des Klimawandels in allen relevanten Fachpolitiken zu verankern. Mit dem Fortschrittsbericht zur Deutschen Anpassungsstrategie an den Klimawandel in der Fassung vom 16.11.2015 wurde der APA fortgeschrieben.
Für die Anpassung an den Klimawandel ist vor allem auch die regionale und lokale bzw. kommunale Ebene relevant. Zum einen kann ein großer Teil der Anpassungsmaßnahmen nur auf dieser Ebene erfolgen, zum anderen liegt die Verantwortung und Kompetenz für die Raumordnung, Bauplanung und Fachplanung im Wesentlichen auf diesen Ebenen. Um den Stand der Integration von Aktivitäten zur Anpassung an den Klimawandel zu ermitteln und daraus weitergehende Empfehlungen abzuleiten, ist eine umfassende und aktuelle Bestandsaufnahme der rechtlichen Implementierung sowie der planerischen Praxis unter besonderer Berücksichtigung dieser beiden Ebenen erforderlich.
Ziele des Projektes
Ziel des Vorhabens war es, Grundlagen für den Mainstreaming-Ansatz bei der Umsetzung der DAS zu erarbeiten. Dabei ging es vor allem darum, den Stand der Verankerung der Anpassung an den Klimawandel in den rechtlichen und planerischen Instrumenten der verschiedenen Fachpolitiken insbesondere auf nationaler Ebene zu ermitteln. In den Untersuchungen des IÖR wurde vertiefend der Frage nachgegangen, wie sich die Berücksichtigung des Klimawandels im Raumordnungs-, Bauplanungs- und Umweltfachplanungsrecht seit 2008 in Deutschland entwickelt hat. Zudem wurde untersucht, inwieweit die Anpassung an den Klimawandel ein Bestandteil der kommunalen Daseinsvorsorge ist und ob die insoweit bestehenden gesetzlichen Regelungen ausreichend sind.
Ergebnisse
Aus den vom IÖR durchgeführten Analysen des Raumordnungs-, Bauplanungs- und Umweltfachplanungsrechts lässt sich in etlichen Handlungsfeldern eine Stärkung der Belange der Klimaanpassung erkennen. Hierzu gehören insbesondere die Novellen des Baugesetzbuches (BauGB) von 2011 und 2013, aber auch die Neufassung des Raumordnungsgesetzes (ROG) von 2008 sowie die Novelle des Wasserhaushaltsgesetzes (WHG) von 2009. So ist die Klimaanpassung in diesen Gesetzen jeweils als allgemeiner Grundsatz verankert (§§ 2 Abs. 2 Nr. 6 ROG, § 1 Abs. 5 S. 2 BauGB, § 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 WHG; vgl. zudem die „Klimaschutzklausel“ des § 1a Abs. 5 BauGB). Besondere Berücksichtigung finden Klimabelange im BauGB, wo sie nunmehr sogar als Auslöser für die städtebaulichen Sanierung und den Stadtumbau dienen können (§§ 136, 171a). Zugleich ergibt sich im Hinblick auf die Berücksichtigung von Klimaanpassungsbelangen auch weitergehender gesetzgeberischer Änderungsbedarf. Dies betrifft beispielsweise die Bebauungspläne der Innenentwicklung nach § 13a BauGB. Diese Regelung schränkt die Notwendigkeit für eine Durchführung der Umweltprüfung und der Eingriffsregelung ein. Bei letzteren handelt es sich jedoch um geeignete Instrumente zur Klimaanpassung.
Die Analyse der rechtlichen Vorgaben zur kommunalen Daseinsvorsorge hat ergeben, dass die möglichen Folgen des Klimawandels etliche Pflicht- und freiwillige Selbstverwaltungsaufgaben betreffen. Diese erstrecken sich von der Trinkwasserversorgung, der Abwasserentsorgung und dem Hochwasserrisikomanagement über die Abfallentsorgung und Energieversorgung bis hin zur Telekommunikation und Verkehrsinfrastruktur. Die Anpassung an den Klimawandel ist in den entsprechenden gesetzlichen Rahmenbedingungen bisher nur ansatzweise erwähnt. Gleichwohl besteht bereits eine Reihe von rechtlichen Instrumenten, im Rahmen derer die Ziele der Klimaanpassung berücksichtigt bzw. mittels derer diese umgesetzt werden können (z. B. durch kommunalen Gebührensatzungen sowie Darstellungen und Festsetzungen in Bauleitplänen). Darüber hinaus sollten die gesetzlichen Grundlagen aber auch weiterentwickelt werden. So könnte z. B. die verbindliche gesetzliche Regelung planerischer Instrumente wie Wasserversorgungs- und Abwasserbeseitigungskonzepte eine stärkere Berücksichtigung der Klimaanpassung in der Praxis deutlich befördern.
Die Ergebnisse des Projekts sind in einer ausführlichen Studie niedergelegt, die in der UBA-Reihe Climate Change (3/2018) veröffentlicht worden sind: https://www.umweltbundesamt.de/publikationen/klimaanpassung-im-raumordnungs-staedtebau
Zwischenergebnisse sind darüber hinaus bereits in den oben genannten Fortschrittsbericht zur DAS eingeflossen. Außerdem entstanden eine rechtliche Argumentationshilfe "Anpassung an den Klimawandel im Rahmen der kommunalen Daseinsvorsorge" und ein Politikpapier zur Klimaanpassung im Bauordnungsrecht unter besonderer Berücksichtigung der Musterbauordnung und der Landesbauordnungen (unveröffentlicht).
Das Leibniz-Institut für ökologische Raumentwicklung e. V. wird gemeinsam durch Bund und Länder gefördert.
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