Städte sind mit einer steigenden Komplexität der Stadtentwicklung konfrontiert. Es bedarf daher naturbasierter Lösungen, die eine breite positive Wirkung für Mensch und Umwelt entfalten. Im Zuge aktueller gesellschaftlicher Herausforderungen wie dem Klimawandel, der Entfremdung des Menschen von der Natur und Kritik an der Nahrungsmittelindustrie gewinnt das Konzept der essbaren Stadt in der Stadtplanung und Wissenschaft immer mehr an Bedeutung. Essbare Städte nutzen beispielsweise öffentliche Flächen zur Bereitstellung von kostenlosen Lebensmitteln und zum städtischen Gärtnern für die Bürgerinnen und Bürger, können aber auch weitere Formen der urbanen Lebensmittelproduktion wie Permakultur oder Krautgärten umfassen. Zur Bewertung des Beitrages essbarer Städte als systematische Lösungen für Herausforderungen der Urbanisierung mangelt es jedoch an integrativen Bewertungskonzepten.
In dem von der Deutschen Forschungsgesellschaft geförderten Projekt wurde ein grundlagenorientiertes Bewertungskonzept zur Evaluierung der Implementierungs- und Auswirkungseffizienz essbarer Städte auf Basis der Konzepte der naturbasierten Lösungen, Mensch-Natur-Verbindung und Ortsverbundenheit im Kontext einer Nachhaltigkeitstransformation entwickelt. Das Konzept wurde an drei deutschen Fallstudien (Andernach, Haar, München) getestet.
Experteninterviews und standardisierte Befragungen zeigen, dass essbare Städte als natur-basierte Lösung einen Beitrag zur sozio-räumlichen und sozio-ökologischen Nachhaltigkeitstransformation leisten können, indem diese die Attraktivität der Städte fördern und Möglichkeiten zur (Rück-)Verbindung des Menschen mit der Natur und mit Lebensmitteln bieten. Um essbare Städte erfolgreich umzusetzen, ist ein Mix aus einem Top-down- und Bottom-up-Ansatz sinnvoll. Vorreiter-Städte wie Andernach sind wichtige Vorbilder, um andere Kommunen zur Umsetzung des Konzeptes zu inspirieren.
Ein Vergleich standardisierter Befragungen der Bevölkerung in Andernach einerseits und von Krautgärtnerinnen und -gärtnern in München andererseits zeigt, dass positive Wirkungen urbaner Lebensmittelproduktion in der Münchner Umfrage deutlich prägnanter ausfallen. Gründe dafür können darin gesehen werden, dass die Krautgärtnerinnen und Krautgärtner im Vergleich zur Stadtbevölkerung in Andernach aktiv in die urbane Lebensmittelproduktion eingebunden sind. Um die positiven Auswirkungen essbarer Städte zu stärken, ist dementsprechend eine aktive Beteiligung der Stadtbevölkerung förderlich. Begleitmaßnahmen wie Stadtspaziergänge oder Beetpatenschaften sollten daher bei der Umsetzung der essbaren Stadt stets mitgedacht werden. Zukünftige Untersuchungen können die Wirkungspotenziale solcher Aktivitäten testen.
In dem Vorhaben sind bis jetzt folgende wissenschaftliche Publikationen erschienen:
In Städten kann ein Mosaik aus unterschiedlichen Formen von (peri-)urbaner Landwirtschaft gefunden werden (z.B. Gemeinschaftsgärten, vertikale Landwirtschaft, solidarische Landwirtschaft). Das Wissen über die Vor- und Nachteile dieser ist jedoch fragmentiert. In dem zweiten Teil des Vorhabens wurde daher die Nachhaltigkeit unterschiedlicher Formen urbaner Lebensmitteproduktion am Beispiel vertikaler und solidarischer Landwirtschaft auf Basis eines Analytischen Hierarchie Prozesses (AHP) bewertet. Im Rahmen einer standardisierten Onlinebefragung selektieren wissenschaftliche Expert*innen aus Europa relevante (Sub)Kriterien für nachhaltige urbane Landwirtschaft, deren Bedeutung in einer zweiten Onlinebefragung von deutschen Nichtregierungsorganisationen, Praktiker*innen und Stadtverwaltungen gewichtet wurden. Die Ergebnisse zeigten, dass die Expert*innen der ökologischen Dimension und den Subkriterien der Mikroklima-/Wasserhaushaltregulation, Artenvielfalt und Kreislaufwirtschaft die höchsten Gewichtungen zuschrieben, gefolgt von der sozialen (Bildung, Bürger*innenbeteiligung, sozialer Zusammenhalt) und ökonomischen Dimension (Lebensmittelqualität/-sicherheit, Erschwinglichkeit von Lebensmitteln, lokale Wertschöpfungsketten). Die exemplarische Bewertung auf Basis der AHP und einer Literaturanalyse zeigte, dass solidarische Landwirtschaft im Vergleich zur vertikalen Landwirtschaft in allen drei Dimensionen als die nachhaltigere Form der urbanen Landwirtschaft eingestuft werden kann. Durch die Ausrichtung solidarischer Landwirtschaft auf soziale Gerechtigkeit und Solidarität trägt diese vor allem zur sozialen Nachhaltigkeit bei. Zukünftige Forschung sollte hybride Formen der solidarischen vertikalen Landwirtschaft eruieren, welche Ziele der sozialen Gerechtigkeit, Lebensmittequalität und ökologischen Selbstversorgung vereint.
Publikationen:
Veröffentlichte Daten und Methoden:
Das Leibniz-Institut für ökologische Raumentwicklung e. V. wird gemeinsam durch Bund und Länder gefördert.
Diese Maßnahme wird mitfinanziert mit Steuermitteln auf Grundlage des vom Sächsischen Landtag beschlossenen Haushaltes.