Um bis 2050 Klimaneutralität zu erreichen, haben sich die Mitgliedstaaten der Europäischen Union verpflichtet, in kohlebasierten und kohlenstoffintensiven Industrien einen umfassenden Dekarbonisierungsprozess zu vollziehen. Dies stellt die betroffenen Regionen vor diverse soziale und institutionelle Herausforderungen, eröffnet aber auch große Möglichkeiten für eine gerechte sozial-ökologische Transformation. Das Projekt ENTRANCES (ENergy TRANsitions from Coal and carbon: Effects on Societies) untersucht die sozialen Dimensionen von Dekarbonisierungsprozessen in 13 kohlenstoffintensiven Regionen der EU.
Das Projekt nutzt einen mehrdimensionalen Analyseansatz, welcher soziopolitische, soziopsychologische, soziokulturelle, sozioökonomische und sozial-ökologisch-technische sowie geschlechtsspezifische Perspektiven umfasst. Ziel ist es, ein theoretisch und empirisch fundiertes Verständnis der Herausforderungen zu entwickeln, mit denen diese Regionen konfrontiert sind, ebenso wie ein Verständnis der Strategien, die derzeit vor Ort entwickelt werden, um diese Herausforderungen anzugehen. Die Ergebnisse der Forschung sollen die Akteure und insbesondere die Politik darüber informieren, wie die gesellschaftlichen Implikationen regionaler Nachhaltigkeitstransformationen bewältigt und Chancen genutzt werden können.
Das IÖR unterstützt die Entwicklung des konzeptionellen Ansatzes und führt eine vertiefende Fallstudie am Beispiel der sächsisch-brandenburgischen Lausitz durch. Insbesondere entwickelt das Projektteam ein Reflexions-Werkzeug, das Forschenden und Akteur*innen hilft, die tatsächlich vorhandene transformative Kapazität in der Region zu verstehen und zu bewerten. Obgleich das politische Ziel der Ausstieg aus stark kohlenstoffemittierenden Prozessen ist, versuchen Steuerungsinterventionen dies meist zu erreichen, indem sie auf die Institutionen und Schlüsselakteure regionaler Wirtschaftsentwicklung setzen. Doch inwieweit sind diese überhaupt fähig, einen pfadverändernden tiefgreifenden Wandel von Einstellungen und Praktiken zu bewirken? Durch die Operationalisierung des Konzeptes transformativer Kapazität im regionalen Kontext will das IÖR Akteur*innen befähigen, gemeinsam Merkmale von Lock-in, De-/Stabilisierung und Transformation zu identifizieren. Der Ansatz soll es ihnen ermöglichen, die notwendige kollektive Reflexivität zu entwickeln, um bestehende Kapazitätslücken und mögliche zukünftige Entwicklungspfade offenzulegen. Er unterstützt damit die direkte Beteiligung und Ermächtigung der Akteur*innen sowie deren Diskussion praktischer Maßnahmen für effektive transformative Interventionen.
"ENTRANCES – ENergy TRANsitions from Coal and Carbon: Effects on Societies“ wird im Rahmen des Forschungs- und Innovationsprogramms Horizon 2020 gefördert und von der Universidade da Coruña geleitet. Das Projekt läuft im Rahmen der Ausschreibung "Building a Low Carbon, Climate Resilient Future: Secure, Clean and Efficient Energy“, insbesondere unter dem Thema "Social Sciences and Humanities (SSH) aspects of the Clean-Energy Transition“ (LC-SC3-CC-1-2018-2019-2020).
Wolfram, Marc (2016): Conceptualizing Urban Transformative Capacity. In: Cities, 51 (Current Research on Cities), S. 121-130.
doi.org/10.1016/j.cities.2015.11.011
Wolfram, Marc; Borgström, Sara und Farrelly, Megan (2019): Urban Transformative Capacity: From Concept to Practice. In: Ambio, Special Issue, 48 (5), S. 437-448.
doi.org/10.1007/s13280-019-01169-y
Das Leibniz-Institut für ökologische Raumentwicklung e. V. wird gemeinsam durch Bund und Länder gefördert.
Diese Maßnahme wird mitfinanziert mit Steuermitteln auf Grundlage des vom Sächsischen Landtag beschlossenen Haushaltes.