Das Projekt zielt darauf ab, das traditionelle Verständnis von Innovationen zu hinterfragen, das sich vor allem an technologischem Fortschritt und Wirtschaftswachstum orientiert. „Technologische Neuerungen als Heil bringende Lösung, ständiges Wachstum als übergeordnetes Ziel – von diesen Paradigmen müssen wir uns lösen, wenn wir nachhaltigen Wandel in den Regionen voranbringen wollen“, sagt Dr. Markus Egermann vom IÖR, der den Forschungsverbund koordiniert. In den Blick rücken im Projekt ATRAKTIV deshalb neben den üblichen technologisch-wirtschaftlichen auch soziale Innovationen, die verbunden sind mit nachhaltigen und gemeinwohlorientierten Denk-, Handels- und Organisationsweisen. „Ihre Bedeutung für den transformativen Wandel wurde bisher unterschätzt. Ebenso haben neue Akteursnetzwerke, Praktiken und Organisationsstrukturen wie Bürgerkraftwerke oder Formen kollektiver Landwirtschaft, aber auch andere neuartige Entwicklungen im Lokalen und Regionalen bisher wenig Beachtung in der Innovationspolitik gefunden. Dabei können sie wichtige Beiträge zum transformativen Wandel zu einer nachhaltigen Gesellschaft leisten“, erläutert der Projektleiter am IÖR, Prof. Artem Korzhenevych.
Wie sich diese vielfältigen Entwicklungen besser für den transformativen Wandel auf regionaler Ebene nutzen lassen, untersucht das Projektteam in verschiedenen Beispielgebieten. Dabei fiel die Wahl auf vier eher peripher und ländlich geprägte Regionen ohne starkes wirtschaftliches Zentrum, die gemeinhin als „strukturschwach“ klassifiziert werden: die Landkreise Görlitz (mit der Region Oberlausitz) in Sachsen, Dithmarschen in Schleswig Holstein sowie Kyffhäuser und Saale-Holzland in Thüringen. Ob die Klassifizierung als strukturschwach auch dann noch trägt, wenn andere „Strukturen“ zu betrachten sind, als jene, die unter den aktuellen Paradigmen als anzustreben gelten, wird sich im Projektverlauf zeigen. ATRAKTIV verfolgt einen Ansatz kooperativer Projektsteuerung, in dem die Wissenschaft auf Augenhöhe mit den Akteur*innen aus Politik, Verwaltung, Wirtschaft und Zivilgesellschaft in den Regionen zusammenarbeitet.
Zunächst will das Projektteam mithilfe von Wissensbeständen aus Transformationsforschung, Innovationsgeografie, Soziologie und Engagementforschung eine Grundlage für die Bewertung gesellschaftlicher Innovationsfähigkeit schaffen. Gemeinsam mit Akteuren vor Ort sollen im zweiten Schritt Handlungsmuster und -praktiken ausfindig gemacht werden, die den transformativen Wandel zur Nachhaltigkeit auf der regionalen Ebene voranbringen können. Im dritten Schritt wird das Projektteam gemeinsam mit den Regionen konkrete Handlungsansätze, Methoden und Instrumente entwickeln, um transformative Innovationssysteme aufzubauen beziehungsweise zu stärken.
Das IÖR verantwortet die Gesamtkoordination des Projektes und wird u. a. gemeinsam mit seinen Partnern den theoretischen Rahmen schaffen und auf Basis der empirischen Ergebnisse aus den Fallstudiengebieten weiterentwickeln.