Transferstrategie des IÖR

Vorwort

Das Leibniz-Institut für ökologische Raumentwicklung (IÖR) erarbeitet wissenschaftliche Grundlagen, Analysewerkzeuge sowie Instrumente für eine nachhaltige Entwicklung und Transformation von Quartieren, Städten und Regionen. Dazu erforscht es maßstabsübergreifend das Zusammenspiel und die Wechselwirkungen zwischen natürlicher Umwelt, Mensch und Technologien sowie Möglichkeiten gesellschaftlicher Planung und Steuerung. Mit seiner Forschung zielt das IÖR darauf ab, einen tiefgreifenden und umfassenden Wandel zu initiieren, zu beschleunigen und umzusetzen. Es trägt dazu bei, die Entwicklung von Landschafts- und Siedlungsräumen in Einklang mit den natürlichen Lebensgrundlagen zu bringen und Umweltrisiken zu minimieren, sodass sich die Menschen innerhalb ökologischer Grenzen entfalten können. Diesem Leitbild, dem Forschungsprogramm und dem Wissenschaftsideal Gottfried Wilhelm Leibniz‘ „theoria cum praxi“ entsprechend, gehört der Wissenstransfer zu den zentralen Aufgaben des IÖR.

Unter Wissenstransfer wird am IÖR nicht nur die zielgruppenspezifische und qualitätsgesicherte Übersetzung wissenschaftlicher Erkenntnisse sowie umgekehrt die Integration von gesellschaftlich generierten Fragestellungen in Forschungsvorhaben verstanden. Das IÖR geht in seinem Transferverständnis darüber hinaus, indem es zusätzlich gemeinsam mit relevanten Akteuren transdisziplinäre und transformative Projekte, Prozesse oder Formate gestaltet, um Wissens(ko)produktion (Knowledge Co-Production) und Ko-Kreation zu ermöglichen.

Relevante Akteure für den Wissenstransfer sind die in der Raumentwicklung wirksamen politischen Entscheidungsträger, öffentliche Verwaltungen, Planungspraktiker, die Privatwirtschaft, der dritte Sektor und zivilgesellschaftliche Akteure sowie Intermediäre auf allen Ebenen. Übergreifende Transferziele sind die Vermittlung von Wissen, die Herstellung gegenseitigen Verständnisses, die Identifizierung und Bearbeitung von Informationsbedarfen, die Beantwortung aktueller Fragestellungen sowie die Suche und Gestaltung neuer physischer und digitaler Räume und Formate für den Transfer. Konkret zielen die Aktivitäten im Wissenstransfer darauf ab, im Austausch mit öffentlichen, privaten und zivilgesellschaftlichen Akteuren systemische Innovationen in Mensch-Umwelt-Beziehungen anzustoßen und ein verantwortungsbewusstes kollektives Management (Stewardship) nachhaltiger und gegen Umweltrisiken widerstandsfähiger Quartiere, Städte und Regionen zu ermöglichen.

Themen, Handlungsfelder und Ansätze des Wissenstransfers

Basierend auf dem Forschungsprofil und dem Forschungsprogramm des IÖR sowie dem intensiven Austausch mit den Akteuren der Raumentwicklung wurden für das IÖR zentrale Transferthemen formuliert. Diese spiegeln das spezifische Profil des IÖR wider Die Transferthemen ermöglichen eine thematische Bündelung von Forschungs- und Transferaktivitäten aus verschiedenen parallelen Projekten am IÖR als auch eine über die Laufzeit einzelner Vorhaben hinaus gehende kontinuierliche Präsenz, Profilierung und Positionierung des IÖR in öffentlichen Diskursen. Die sieben Transferthemen des IÖR sind:

  • Städte und Regionen der Zukunft planen
  • Transformationen gemeinsam gestalten
  • Mensch-Natur-Beziehungen stärken
  • Wandel der Flächennutzung verstehen
  • Materialkreisläufe in Städten schließen
  • Umweltrisiken begegnen
  • Biologische Vielfalt entwickeln

Themenunabhängig werden drei zentrale Handlungsfelder im Wissenstransfer am IÖR unterschieden, wobei die Übergänge fließend sein können:

  • Im Handlungsfeld Kommunikation liegt der Fokus darauf, wissenschaftliche Erkenntnisse adressatengerecht aufzubereiten und wissenschaftliche Arbeitsweisen zu vermitteln. Dies dient allgemein dazu, Orientierung zu geben, Dialog und Beteiligung zu ermöglichen sowie Verständnis und Akzeptanz für wissenschaftliche Arbeitsweisen, Ergebnisse und Produkte zu schaffen. Eine kontinuierliche Kommunikation soll zudem Rückkopplungskanäle öffnen, um sicherzustellen, dass nicht-akademisches Wissen in die Forschungsaktivitäten integriert werden kann.
  • Im Handlungsfeld Beratung geht es darum, Betroffene zu beraten, Entscheidungsfindungen vorzubereiten und zu unterstützen aber auch darum, im Gespräch mit relevanten Akteuren Forschungs- und Beratungsbedarfe zu identifizieren.
  • Zum Handlungsfeld Anwendung gehören alle Maßnahmen und Aktivitäten, die darauf abzielen, Forschungsergebnisse und -erkenntnisse zu nutzen, zu übernehmen und umzusetzen. Dies beinhaltet auch die Entwicklung und Weiterentwicklung von Lösungen zusammen mit den jeweils relevanten Akteuren.  

Für die konkreten Schritte im Wissenstransfer lassen sich aus dem Forschungsprofil und dem Forschungsprogramm des IÖR spezifische Ansätze für den Wissenstransfer ableiten, die besonders geeignet bzw. besonders relevant sind.

Grundsätzlich ist der Dialog mit der Gesellschaft und der damit im Zusammenhang stehende Aufbau und die Entwicklung von Beziehungen zu relevanten Akteuren im Hinblick auf mögliche Aktivitäten in der Zukunft Grundvoraussetzung für jeglichen Wissenstransfer (Public Relations). Darüber hinaus gibt es verschiedene spezifischere Wege, die jede wissenschaftliche Institution entsprechend ihrer Zielsetzung im Wissenstransfer nutzt. Eine besondere Rolle spielen am IÖR die aktive Einbeziehung von außerakademischen Partnern (Public Participation and Citizen Science) in den Forschungsprozess (z. B. in transdisziplinären Projekten), die wissenschaftliche Beratung (Public Policy Consulting) von Entscheider*innen aber auch Betroffenen, sowie der Wissenstransfer über Forschungsdaten- und Infrastrukturangebote (Infrastructure Services). Darüber hinaus ist auch der Wissenstransfer über Qualifikationen, Weiterbildungen und transferorientierte Lehre (Transfer of Skills and Expertise) ein wichtiger Bestandteil des Wissenstransfers am Institut.

Das IÖR bezieht seine Transferaktivitäten damit prinzipiell auf die von den Wissenschaftsgemeinschaften in Zusammenarbeit mit der Gemeinsamen Wissenschaftskonferenz (GWK) entwickelte Typologie von "Transferpfaden" (Leibniz-Gemeinschaft, 2022).

Maßnahmen, Umsetzung und Bewertung des Wissenstransfers

Entsprechend den drei Handlungsfeldern (Kommunikation, Beratung, Anwendung) kommen am IÖR eine Vielzahl von Maßnahmen im Wissenstransfer zur Anwendung, wobei die Grenzen fließend sein können und sich einzelne Maßnahmen mehr als einem Handlungsfeld zuordnen lassen.

Kommunikationsmaßnahmen bilden die Grundlage für den kontinuierlichen Dialog mit der Gesellschaft. In diesen Bereich gehört die Presse- und Medienarbeit (Pressemitteilungen, Interviews, Zeitungs- und Zeitschriftenartikel, u. a. mit außerakademischen Akteuren) und Social- Media Aktivitäten die sich an ein disperses Publikum richten. Hinzu kommen öffentlichkeitswirksame Veranstaltungen wie Vorträge, Diskussionsveranstaltungen, Ausstellungen, Messen, Besichtigungen oder Exkursionen, sowie Publikationen, die sich an spezifische Zielgruppen richten.

Beratungsleistungen erbringt das IÖR gleichermaßen über formelle Expertisen wie Gutachten, Stellungnahmen und Policy Paper als auch durch informelle Beratung bspw. im Rahmen der Mitarbeit in Beiräten und Ausschüssen. Aktivitäten im Bereich Beratung nehmen dabei nicht nur Entscheider*innen als relevante Akteure in den Blick, sondern auch die Gesellschaft insgesamt, z.B. in der Beratung Betroffener.

Wissenstransfer stellt letztlich auch darauf ab, durch wissenschaftliche Prozesse gewonnene Erkenntnisse zur Anwendung zu bringen. Maßnahmen in diesem Handlungsfeld reichen am IÖR von der Bereitstellung von Informations- und Datenangeboten (u.a. durch das IÖR-Forschungsdatenzentrum) bis zu Leitfäden oder Werkzeugen für die Nutzung durch die Praxis. Ein besonderes Augenmerk liegt dabei darauf, diese Angebote gemeinsam mit den jeweils relevanten Akteuren zu entwickeln bzw. als Lösungsansatz weiterzuentwickeln. Dies geschieht vor allem in transdisziplinären und transformativen Projekten, z.B. durch Reallabore und Experimentierräume.

Für das konkrete Vorgehen im Wissenstransfer werden im Rahmen aller Forschungsvorhaben bereits in der Projektentwicklung des IÖR Wirkungspfade (Impact Pathways) beschrieben und geplant. Deren Ausarbeitung folgt einem einheitlichen Schema, das die Transferaktivitäten eines Projektes in allen Phasen der Implementation schrittweise aus den letztlich angestrebten Veränderungen ableitet.

Die Konzeption und Koordination des Wissenstransfers wird am IÖR im Bereich der Direktion   durch die/den Leiterin/Leiter Wissenstransfer verantwortet. Zu den Aufgaben dieser Leitungsstelle gehören die Strategieentwicklung, Weiterbildung und Wissensvermittlung im Bereich Wissenstransfer, das Sammeln und Sichern von Erfahrungswissen am Institut sowie Unterstützungsleistungen bei der Planung, Umsetzung und Evaluation von Maßnahmen des Wissenstransfers. Darüber hinaus gehört zu dem Aufgabenbereich, neue Potenziale für den Wissenstransfer zu erschließen, sowie neue Maßnahmen und Formate zu entwickeln, zu testen und zu evaluieren.

Das Leibniz-Institut für ökologische Raumentwicklung e. V. wird gemeinsam durch Bund und Länder gefördert.

FS Sachsen

Diese Maßnahme wird mitfinanziert mit Steuermitteln auf Grundlage des vom Sächsischen Landtag beschlossenen Haushaltes.