Kooperation, Bedürfnisorientierung und Nachhaltigkeit statt Konkurrenz, Wachstumszwang und Ressourcenübernutzung: Immer mehr Unternehmer*innen wollen weg von einer auf Effizienz und Rendite ausgerichteten Wirtschaftsform. Im Rahmen des Projektes SWITCH begleiten Forschende und Partner*innen aus der Praxis Neugründungen, Umstellungen und Erweiterungen von Unternehmen, die künftig gemeinschaftsgetragen und nachhaltig wirtschaften wollen.
Als Vorbild dient in dem Projekt das Modell der Solidarischen Landwirtschaft (englisch: Community Supported Agriculture, CSA). Dabei schließen sich Landwirt*innen und Verbraucher*innen zu einer Initiative zusammen. Die Mitglieder zahlen einen Beitrag, von dem alle Produktionskosten getragen werden. Das gibt den Landwirt*innen Planungssicherheit. Die Erträge werden gemeinschaftlich aufgeteilt, wobei die Menge pro Mitglied je nach Ertragshöhe variiert. Die Mitglieder werden durch Ernteaktionen, Hoffeste oder Workshops aktiv eingebunden und können teilweise mitbestimmen, was angebaut wird. Neben dieser Transparenz achten CSA-Initiativen auch auf saisonale und regionale Anbaumethoden sowie einen geringen Ressourcenverbrauch.
SWITCH untersucht nun die Übertragbarkeit dieser Prinzipien auf andere Versorgungsfelder, sogenannte CSX (Community Supported X) – wobei das X für den jeweiligen Bereich wie Energie, Gesundheit oder Bildung steht. „Bestenfalls haben wir am Ende des Projektes erfolgreiche Gründungsbeispiele“, sagt Kristin Reiß, die im IÖR für das Projekt zuständig ist.
Neben Problemen, die generell während einer Umstrukturierung auftreten können, rechnen die Forscher*innen auch mit spezifischen Herausforderungen je nach Branche. Um künftige Gründer*innen darauf optimal vorzubereiten, hofft das Team mithilfe der Forschungsergebnisse Handlungsempfehlungen für die Zukunft aussprechen zu können. Diese sollen möglichst branchenspezifisch sein und so zu einem guten Gelingen bei einer Neugründung oder Umstrukturierung beitragen.
Der Auftaktworkshop im Februar stieß auf großes Interesse. Im thüringischen Lützensömmern kamen Menschen von fast 30 Initiativen zusammen, die in den nächsten drei Jahren begleitet durch das Projekt SWITCH ein gemeinschaftsgetragenes Wirtschaftsmodell entwickeln möchten. Weitere 18 Initiativen erhalten Lernmaterialien, um selbstorganisiert in ihrem eigenen Tempo die Gründung, Umstellung oder Erweiterung zu einem CSX-Betrieb anzugehen. Für die Zukunft ist geplant, eine Wissensplattform aufzubauen, die möglichst vielen Menschen zugänglich ist. Dieses Vorhaben ist jedoch noch von der Frage der Finanzierung abhängig, wie Dr. Kristin Reiß berichtet.
Zum ersten Kennenlernen beim Workshop in Lützensömmern kamen nicht nur Initiativen aus dem Handwerk oder Dienstleistungsbereich, sondern ebenso aus Kunst, Kultur und Medien. Zudem gibt es Ideen für gemeinschaftsgetragene Wohnformen. Menschen leben hierbei meist auf einem Hof zusammen, über dessen Entwicklung sie gemeinschaftlich entscheiden, zudem werden Bereiche wie Garten, Küche und Werkstätten gemeinsam genutzt.
Bis zum nächsten Workshop im Oktober bringen die Initiativen nun ihre Ansätze zu Papier und definieren das jeweilige Geschäftsmodell. Zur Unterstützung wird das Projektteam von SWITCH jeden Monat in einem Impulsvortrag zu verschiedenen Aspekten, etwa zu Finanz- oder Steuerthemen, informieren.
Das Projekt SWITCH (Gemeinschaftsgetragene Wirtschaftsformen aufbauen, Gesellschaft transformieren) wird bis Sommer 2027 von der Volkswagenstiftung gefördert. Das Leibniz-Institut für ökologische Raumentwicklung (IÖR) setzt das Projekt gemeinsam mit dem Next Economy Lab, dem CSX Netzwerk, dem Netzwerk Solidarische Landwirtschaft, der Organisationsberatung Myzelium, dem Fachbereich Geographie des Globalen Wandels der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg sowie in Kooperation mit fiveP – Agentur für regenerative Transformation um.
Weitere Informationen zum Projekt SWITCH
Wissenschaftlicher Kontakt im IÖR
Dr. Kristin Reiß, E-Mail: K.Reissioer@ioer.de